Mensch 4.0 – Digitalisierung mit Mikrochip-Implantaten
Mikrochips unter der Haut, die als kleine Helfer dienen, sind schon lange keine Sci-Fi-Fantasie mehr. In diesem Jahr wurde schon viel über die Technologie berichtet, denn immer mehr Unternehmen lassen ihren Mitarbeitern besagte Chips einsetzen. Aktuellstes Beispiel ist das amerikanische Unternehmen Three Square Market (32M). Auf seinem Twitter-Account wirbt der „micro market“-Hersteller mit den Hashtags #smartoffice, #officeintelligence und #workplaceexperience für den kleinen Eingriff bei den eigenen Mitarbeitern. Aber eigentlich ist es doch viel mehr als die smarten Hashtags vermuten lassen: Der Mensch wird durch diese Form der Digitalisierung zunehmend transparenter und berechenbarer.
Ein Chip für alle Fälle
Klar, es klingt äußerst praktisch, wenn Türen sich öffnen, ohne dass
die Klinke berührt werden muss, wenn man gerade sowieso die Hände voll
hat. Natürlich ist es komfortabel die persönlichen Kontaktdaten schnell
und einfach übertragen zu können, ohne erst nach einer Visitenkarte
suchen zu müssen. Und auch das schnelle Bezahlen per „Handauflegen“ ist
selbstverständlich ein super Pro-Argument für den Gebrauch der
reiskorngroßen Chips.
Die moralische Frage bleibt: Sollten wir uns auf dem Weg Richtung Digitalisierung selbst so sehr miteinbeziehen?
Lautet
die Antwort „ja“, reichen wenige Minuten aus, um zum Cyborg zu werden.
Das Implantieren zwischen Daumen und Zeigefinger erfolgt durch eine
Spritze. Dabei sind allergische Reaktionen oder die Verletzung von
Nerven sind durchaus möglich. Um solche physischen Auswirkungen
definitiv ausschließen zu können, fehlen derzeit schlichtweg
aussagekräftige Langzeitstudien. Doch der gesundheitliche Aspekt ist
nicht der Einzige, den man mit einer guten Portion Skepsis betrachten
sollte.
TECHNOLOGIE IM QUADRAT
Die RFID-Chips von 32M nutzen NFC zur drahtlosen Übertragung von
Informationen. Radio-frequency identification, kurz RFID, ist die
Identifizierung durch elektromagnetische Wellen. NFC steht für
Near-Field-Communication und basiert auf der RFID-Technologie.
Unterschied ist, dass letzteres genormten ISO-Standards entsprechen muss
und immer über dieselbe Frequenz (13,56 kHz) kommuniziert. NFC kommt
besonders für kurze Distanzen (bis max. 10 cm) und eine noch sicherere
Datenübertragung – wie beim kontaktlosen Bezahlen mit Kreditkarte ¬– zum
Einsatz.
Die 32M Implantate funktionieren im Prinzip wie eine
Transponderkarte: hält man den Chip an ein Lesegerät wird die
entsprechende Funktion ausgeführt. Konkret sind das bei 32M zum Beispiel
Essenskäufe im Pausenraum, Türöffnungen, Logins und die Bedienung von
Kopierern. Das Besondere an NFC ist außerdem, dass Verbindungen zwischen
zwei aktiven NFC-Transmittern möglich sind. So könnten zwei Mitarbeiter
mit Implantaten beispielsweise auch ihre Kontaktdaten über die Chips
austauschen. Die Frage nach Datensicherheit muss spätestens hier nochmal
diskutiert werden.
Wer hat das Datenzepter in der Hand?
Wer herrscht über all die Daten und wie gläsern machen wir uns?
32M
versichert seinen Mitarbeitern, dass die Daten auf dem Chip
verschlüsselt werden, wie es auch bei Kreditkarten der Fall ist. Das
muss bei Angst vor Datenklau als Beruhigung reichen. Bestimmte
Verhaltensmuster oder gesundheitliche Daten können aber theoretisch auch
erfasst und analysiert werden. Der Träger hat letztendlich keinen
Einfluss auf die Verwertung dieser Daten.
Streng genommen kann ein Chip, der uns heute Zutritt zu Räumen verschafft, morgen unsere Toilettengänge überwachen und übermorgen dann unsere Pausen – ohne Erlaubnis. Ein hoher Preis, den man für einen kleinen Chip zahlt.
Cyborgs made in Sweden
Die schwedische Firma BioHax International ist
Hersteller der von 32M verwendeten Implantate. Die Prozessoren innerhalb
der reiskorngroßen Glaskapsel sollen 924 Bytes an Informationen
speichern und Daten mit einer Geschwindigkeit von 106 kbit/s übertragen
können. Immerhin: Anders als bei den längst bekannten RFID-Chips für
Haustiere sind diese Implantate nicht GPS-fähig und können keine
Standorte senden.
Auch in Deutschland gibt es bereits seit einigen Jahren Unternehmen, die auf den Biohacking-Zug aufgesprungen sind. Die Firma Digiwell aus Hamburg wirbt mit Claims wie: „upgrading humans“ und „You. Upgraded.“
und will die digitale Transformation nicht nur auf Prozesse
beschränken, sondern auch auf den Menschen anwenden. Das Optimieren des
menschlichen Körpers durch verschiedenste Dinge ist nicht selten
fragwürdig, dennoch wächst der Markt stetig.
Die Frage „Was kommt als Nächstes?“ ist mehr als berechtigt.
Lesen Sie die ALSO POINT auch online!
Kaum etwas bündelt Datenschutz, physische Gesundheit und Zukunft in einem so kleinen Objekt. Mikrochip-Implantate sind ein spannendes Thema, über das wir in unserem Online-Magazin mehr berichten wollen. Lesen Sie auf WWW.ALSO-POINT.DE noch mehr über den Einsatz im Privatbereich, den Chip-Vorreiter Schweden und den Biohacking-Trend und seine Ausmaße.